| Aalto, Alvar (*1898 Kuortane, †1976 Helsinki) Der finnische Architekt Alvar Aalto studierte von 1918 bis 1921 Architektur bei Armas Lindgren am Polytechnikum in Helsinki und machte sich 1923 selbstständig. Mit seiner ersten Frau, Aino Aalto-Marsio, und seiner lebenslangen Förderin, der Industriellengattin Mairea Gullichsen, gründete er 1935 die Möbelfirma Artek (bis heute Hersteller der Aalto-Möbel) in Helsinki. Aalto setzte in seiner sehr subjektiven Formensprache vor allem auf natürliche Materialien (Holz), was nicht zuletzt auf die Landschaft seiner Heimat Finnland zurückzuführen ist. Seine eleganten Bauten fanden schnell internationale Beachtung, so das Lungensanatorium in Paimio (1929-33), die Bibliothek in Wiborg (1927-35), das Studentenwohnheim in Cambridge, Massachusetts (1947-49), die Maison Carrée bei Paris (1956-58) und - als berühmteste Bauten in Deutschland - das Kulturzentrum in Wolfsburg (1958-62) sowie die Essener Oper (die erst 1989 fertig gestellt wurde). Spezialisiert auf öffentliche und Industriebauten, hat Aalto das Bild Finnlands entscheidend geprägt. Seine Hinwendung zum modernen Stil schreibt man dabei vor allem dem Einfluss des Architekten Erik Bryggman zu. Aaltos Liebe zum detaillierten Arbeiten führte ihn ab 1927 zum Entwurf von modernen Holzmöbeln, wobei er die ausgereiftesten Techniken seiner Zeit nutzte und vor allem verleimtes, biegbares Schichtholz einsetzte, das bis dato ausschließlich für die Skierproduktion verwendet worden war. Seit den 30er-Jahren experimentierte er mit Holz und lernte dabei die natürliche Feuchtigkeit des finnischen Birkenholzes schätzen, das er der wasserdampfgebogenen Holzverformungstechnik Michael Thonets vorzog. Seit 1929 arbeitete er eng mit dem Möbelhersteller Otto Korhonen zusammen. Eine wichtige Leistung Aaltos besteht im Transfer der konstruktiven Ideen der Bauhaus-Stahlrohrmöbel auf Holzmöbel. Die in dieser Zeit entworfenen Serien von Tischen, Sesseln und vor allem Stühlen mit gekrümmten Schichtholzbeinen gelten heute als Klassiker des modernen Möbels. Ein Beispiel dafür ist der freischwingende «Sessel 406», den Aalto von 1935 bis 1939 für die Firma Artek entwarf. Es war sein erster Freischwinger überhaupt. Die Kufen und Armlehnen bestehen aus sieben Birkenholzlamellen. Den Sitz und die Rückenlehne gibt es wahlweise als Gurte oder Rohrgeflecht. Ein Prototyp des Sessels aus gebogenem Schichtholz war bereits einige Jahre zuvor (1929-1933) der «Sessel 41», den Aalto für das Lungensanatorium in Paimio entworfen hatte. Der Sessel hat ein Gestell aus laminiertem und schwungvoll gebogenem Birkenholz; Sitz und Lehne bestehen aus schwarz oder weiß lackiertem Schichtholz. Dieser Holzsessel wirkte schon in den frühen 30er-Jahren stark futuristisch, vor allem durch den harmonischen Sitz- und Rückenlehnenteil, der wie ein gewelltes Stück Papier aussieht. 1930 waren Aaltos Arbeiten in der Stockholm-Ausstellung vertreten. Er stand zu dieser Zeit in Kontakt mit den Architekten Sven Markelius und Gunnar Asplund. Sehr populär wurde auch Aaltos Servierwagen «98» aus dem Jahr 1936 (mit praktischer Linoleumplatte), den es in einer größeren Version mit offenem Korb unterhalb der Griffleiste gibt (anstelle der unteren Ablagefläche) und seine Hocker «60» (1930 - Sitz aus Linoleum, Laminat oder Kunststoff), «K 65» (1933 - mit kurzer, aufgeschraubter Rückenlehne) und «X 600» (1954 - mit drei Fächerbeinen aus gebogenem Schichtholz). Darüber hinaus entwarf Aalto Beistelltische, Wohnzimmertische, Betten, die Liege «39» (Geflecht: Gurte oder Leder), Schränkchen und diverse Steh- und Hängeleuchten für Artek. 1930 realisierte er für die amerikanische Firma ICF die «Aalto Bettcouch» (aus verchromtem Stahlrohr und Armlehnen aus Buche). Aaltos Möbel waren besonders in Amerika und England erfolgreich und fanden Nachahmer (z.B. Jack Pritchard) oder beeinflussten Designer wie Marcel Breuer und Charles Eames. Berühmt wurden auch seine Holzmöbel für die Bibliothek in Viipuri (heute Russland). Seit 1936 entwarf Aalto auch Glaswaren. Seine Vasen für das Savoy-Restaurant in Turku wurden von Iittala-Glassworks produziert und 1937 in Paris und 1939 in New York gezeigt. Zahlreiche Preise, Medaillen, Ehrendoktorwürden und andere Auszeichnungen dokumentieren Alvar Aaltos internationalen Rang als Architekt und Designer. © Königsdorfer Medienhaus, Frechen (René Zey) www.artek.fi | | | | | | | | | | | | | |