| Prouvé, Jean (*1901 Paris, †1984 Nancy) Jean Prouvé, Sohn des Malers und Kunsthandwerkers Victor Prouvé, lernte von 1916 bis 1919 das Kunstschmiedehandwerk bei Emile Robert. Bis 1921 war er Lehrling beim Kunstschmied Szabo in Paris und führte dort eigenverantwortlich erste Schmiedearbeiten aus, z.B. Gestelle für Emile-Gallé-Vasen, die heute im Musée de l’Ecole in Nancy ausgestellt sind. Nach Absolvierung des Militärdienstes eröffnete Prouvé 1923 eine eigene Werkstatt in Nancy und fertigte erste Möbel, wobei er u.a. als Material bereits dünnes Stahlblech einsetzte. Auf der Ausstellung Exposition Internationale des Arts Décoratifs 1925 in Paris lernte Prouvé Robert Mallet-Stevens, Pierre Jeanneret und Le Corbusier kennen. 1930 gehörte Prouvé zu den Mitbegründern der Union des Artistes Modernes (UAM) und rief im selben Jahr (zusammen mit A. Schotte) seine Firma Les Ateliers Jean Prouvé ins Leben. In dieser Zeit experimentierte er intensiv mit dem Profilieren von dünnem Stahlblech, um selbsttragende Konstruktionen zu ermöglichen. Von 1931 bis 1939 arbeitete Prouvé mit den Architekten Tony Garnier, Eugène Beaudouin und Marcel Gabriel Lods zusammen. 1932 entwarf Prouvé Türen und Mobiliar für die Universität Nancy, 1933 Operationssäle und Fenster für die Klinik Grange-Blanche in Lyon, ein Jahr darauf Möbel für die Freiluftschule in Suresnes. Mit Beaudouin und Lods konstruierte er 1935 den Luftfahrtklub Roland Garros in Buc als Fertigbau, außerdem den Prototyp des Wochenendhauses «BLPS». Im Jahre 1937 konstruierte Prouvé eine Schultisch-Stuhl-Kombination für Kinder von 5 bis 15 Jahren aus einem Stück. 1939 entwarf er 800 Baracken für die französische Armee, 1940 Holzgaszylinder für Autos und den Fahrradrahmen «Monopoutre» aus Stahlblech. Bis 1944 war Prouvé in der Résistance aktiv, betrieb mit Lods aber weiterhin Studien für Fertighäuser und Fahrradrahmen. 1944 konstruierte Prouvé über 1000 zerlegbare Häuser für Obdachlose in Lothringen und in den Vogesen. 1947 baute er Schulen in Croismare und auf Martinique sowie eine Feuerwehrkaserne in Bordeaux, 1952 erhielt Prouvé den Großen Preis des Cercle d’Etudes Architecturales (CEA) für die Fassaden und Curtainwalls des Gebäudes, das er für die Fédération du Bâtiment gebaut hatte. Als 1953 die Aluminiumfirma Pechiney die Anteilsmehrheit seines Unternehmens erlangte und neue Betriebsstrukturen durchsetzte, kündigte Prouvé als Direktor und gründete ein Jahr später ein Designbüro in Paris. 1955 hob er zusammen mit Michel Bataille das Unternehmen «Les constructions Jean Prouvé» aus der Taufe. In Kooperation mit Charlotte Perriand entwarf Prouvé Mitte der 1950er-Jahre vor allem Möbel aus Stahlblech. 1958 war er Berater für die französischen und luxemburgischen Pavillons auf der Expo in Brüssel, 1960 wurde er Vizepräsident des CEA, 1971 dessen Präsident und war maßgeblich an den Planungen des Centre Georges Pompidou in Paris beteiligt, wobei er den umstrittenen Entwurf von Renzo Piano und Richard Rogers durchsetzen konnte. 1976 erhielt Prouvé die Ehrendoktorwürde der Ecole Polytechnique in Lausanne, 1982 den Großen Architekturpreis der Stadt Paris. Zu Prouvés wichtigsten Architekturprojekten gehören das Etagenhaus am Square Mozart in Paris (1952), die nukleare Aufbereitungsanlage St. Egrève (1954), Haus Abbé Pierre in Evian (1955/56), die zerlegbaren Schulbauten in Valde-Marne (1957), das Universitätsgebäude in Lyon (1961), die nukleare Aufbereitungsanlage in Pierrelatte (1961), Häuser in Saint-Dié und Beauvallon (1962), der Bahnhof in Orléans (1963), die Fassade des Rathauses von Grenoble (1966), die Fassade der Erasmus-Universität Rotterdam (1968), die Fassade der Freien Universität Berlin und die Architekturschule in Nancy (beide 1969), Haus Saint-Gobain in Paris (1970), das Lyzeum in Béziers (1971), die Schule in Trappes (1973) sowie die Radarstation in Ouessant/Bretagne (1980). Als Designer machte sich Prouvé durch den verstellbaren Sessel Modell «D 80» (Fauteuil de grand repos; reediert von Tecta) einen Namen, den er 1930 entworfen hatte. Das Gestell besteht aus abgekantetem Stahlblech (vernickelt oder pulverbeschichtet), die Bezüge sind aus Leder oder Kavallerietuch. Zwei Zugfedern erlauben es, den Sitz, der an zwei Kugellagern an der Rahmeninnenseite läuft, in verschiedene Liege- oder Sitzstellungen zu bringen. Bei Tecta wurden der Stuhl «Chaise inclinable en tôle d’acier» (1924), der Sessel «Fauteuil métallique Cité Universitaire» (1927), der «Table Aeronautique» (1924), die Kragstuhlserie «Tube Aplati» (1924), der «Chaise Pliant» (1924), der Bar-Kragstuhl «B 30» (1924) sowie der Tisch «4568» (1950) reediert. Der «4568» ist 2,26 m lang und 70 cm breit und hat ein epoxidlackiertes Stahlgestell. Die Tischplatte gibt es aus Glas oder aus schwarz bzw. weiß gebeiztem Eschenholz. © Königsdorfer Medienhaus, Frechen (René Zey) www.jean-prouve.net | | | | | | | | | | | | | |