DesignerDesignerinnen
Designlexikon
HOMEFIRMEN    ABCDEF
DESIGNER

VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken

 

Die Vereinigten Spezialmöbelfabriken mit Sitz in Tauberbischofsheim sind ein Unternehmen im Bereich der Schulausstattung. Zum klassischen Repertoire zählen Schultische und Sitzmöbel für Schüler und Lehrpersonal, seit Anfang der 1980er-Jahre auch Büromöbel.

Das Unternehmen entstand als «Vereinigte Schulmöbelfabriken» im Mai 1898 durch den Zusammenschluss von vier Schulmöbelherstellern, darunter Ramminger & Stetter (Tauberbischofsheim) und P. Johannes Müller (Berlin-Charlottenburg). Produktionsstandort war Tauberbischofsheim, der kaufmännische Bereich wurde am Firmensitz Stuttgart geleitet. Das Unternehmen P. Johannes Müller & Co bestand als selbstständige Firma in Berlin fort und betreute als Verkaufsgebiet ganz Norddeutschland.

Paul Johannes Müller brachte das Patent für die Herstellung der «Rettig»-Bank in die neue Firma ein und hatte deshalb eine Sonderstellung im Gesellschaftervertrag. Mit einem Anteil von fast 50 Prozent aller hergestellten Schulbänke war die «Rettig»-Bank mit Abstand das erfolgreichste Produkt der neuen Firma. 1901 wurde das Sortiment auf Initiative von Paul Johannes Müller auf alle Produkte zur Schuleinrichtung erweitert und das Erscheinungsbild der VS modernisiert. Müller übernahm die Gestaltung der neuen Werbemittel und Messestände, darüber hinaus gab er die Zeitschrift «Das Schulzimmer» heraus. Auf der Weltausstellung in Brüssel präsentierte Müller 1910 einen von Bruno Paul gestalteten Zeichensaal mit Reform-Schulmöbeln der Serie «Albis». Ab 1914 wurde die Firma P. Johannes Müller & Co alleiniger Hersteller und Vertreiber von Montessori-Lehrmitteln in Deutschland.

In den 1920er-Jahren begann VS mit Entwürfen zum sogenannten freien Schulgestühl. Tisch und Stuhl waren dabei separiert, die Gestelle wurden komplett aus Stahlrohr gefertigt. Durch diese Konstruktion war es möglich, das Gewicht eines Schülerarbeitsplatzes im Vergleich zur herkömmlichen Schulbank deutlich zu verringern. 1942 wurde die Herstellung von Schulmöbeln in den Fabriken von VS verboten, der Betrieb musste für die Rüstung arbeiten. 1944 wurde die Fabrik in Tauberbischofsheim auf Befehl der Heeresverwaltung beschlagnahmt und geräumt. Im selben Jahr zerstörten Bombenangriffe das Zentralbüro von VS in Stuttgart. Auch die Filiale in München wurde vernichtet. Am 31. März 1945 wurde die Fabrik durch US-Soldaten besetzt.

Im Januar 1946 wurde die Schulmöbelproduktion wieder aufgenommen. Bereits im Juni hatte die VS etwa 100 Beschäftigte. Die Beschaffung von Rohstoffen blieb jedoch mühsam. 1952 wurde der von Karl Nothhelfer entworfene «Kufenstuhl» patentiert; Inhaber des Patents war Falk Müller, Sohn von Paul Johannes Müller. Der «Kufenstuhl» prägte die Klasseneinrichtung der 1950er- und 1960er-Jahre. Bis 2006 wurden davon rund sechs Millionen Exemplare verkauft – eines der langlebigsten Produkte der deutschen Nachkriegsgeschichte. Durch patentierte Gummipuffer unter dem Sitzträger konnte der Stuhl schonend auf die Tischplatte aufgelegt werden, um die Reinigung des Klassenzimmers zu erleichtern.

Zwischen 1950 und 1954 wurde die VS-Produktion komplett auf bewegliches Schulgestühl umgestellt. In diese Zeit fiel auch die Zusammenarbeit mit dem Architekten und späteren Designpartner Günter Behnisch. 1954 entwarf Karl Nothhelfer den stapelbaren Mehrzweckstuhl «KN-38». Auf der XII. Triennale in Mailand präsentierte Falk Müller 1960 den VS-Drehstuhl. Im selben Jahr erfuhr der «Kufenstuhl» eine Überarbeitung: Die Stuhlbeine werden trapezförmig angeordnet, was die Verwindungssteifigkeit verbesserte und eine leichtere, schlankere Konstruktion ermöglichte.

1962 erwarb VS die Lizenz für das Thermodyn-Verfahren. Daraus entstand ein wegweisendes Produkt: die «LIGNOdur»-Schultischplatte, die sich als extrem langlebig, widerstandsfähig und kratzfest erwies. 1965 entwarf Karl Nothhelfer den Stahlrohr-Kufenstuhl – das Modell «1281» mit anatomisch geformtem Sperrholzsitz und -lehne; das Sitzmöbel erhielt 1971 den Bundespreis «Gute Form». 1973 entwickelte VS das «Adapta-Schrankprogramm» für die Ausstattung von Verwaltungsbereichen in der Schule.

Anfang der 1980er-Jahre stellte VS die gesamte Produktionstechnik um. Schwerpunkte waren die Einführung der CNC-Technik in der Holzverarbeitung, die Automatisierung der Stahlrohrverarbeitung und die Verwendung von umweltfreundlichen Wasserlacken. Die Lackierung der Metallteile erfolgte durch lösungsmittelfreie Pulverbeschichtung. Um vom Schulbereich unabhängiger zu werden, begann VS auch mit der Entwicklung und Produktion von Büromöbeln. 1986 entwarfen die Architekten Günter Behnisch und Hubertus Eilers für die Leybold AG in Alzenau ein Einzel-Schreibtischmöbel mit charakteristischer Freiformfläche und entwickelten es gemeinsam mit VS. Für den Schreibtisch «B&P 900» von Behnisch und Eilers wurde VS 1988 mit Designpreisen ausgezeichnet. Mit dem Korpusmöbelprogramm «Serie 700» und dem Arbeitsplatzsystem «Serie 900» von Günter Behnisch und Hubertus Eilers wurde VS ab 1992 zum leistungsfähigen Büromöbelanbieter. 1993 kamen der Schülerstuhl «ErgoSynchron» und der «ErgoSynchron»-Tisch auf den Markt – ein neuer Standard an Ergonomie in der Schule. 1994 begann die Zusammenarbeit mit Verner Panton, der für VS u.a. den Freischwinger «PantoSwing» und den Schüler-Drehstuhl «PantoMove» mit dynamischer Sitzfläche kreierte. Mit den Designpartnern Jürgen Greubel und Frank Ziegler begann VS 1995 die Entwicklung des Schreibtischprogramms «Axis 360°». Ab 1996 entwickelte VS sukzessive ein umfassendes Möbelsortiment für ganzheitliche Büroeinrichtung. Dazu zählen auch das Tischsystem «NetWork» und das Stellwand- und Screensystem «Serie 2000».

Im neuen Millennium konzentrierte sich VS auf ganzheitliche Einrichtungen und durchdachte Möbelsysteme für Büros, Schulen und Bildungsstätten. Durch seine breite Aufstellung war VS in der Lage, das gesamte Bedarfsspektrum der modernen Informations- und Wissensgesellschaft mit intelligenten, funktionalen Einrichtungslösungen abzudecken – vom Kindergarten, der Schule, Universität bis hin zum Büro und zur Vorstandsetage. 2001 zeichnete das Design Zentrum Nordrhein-Westfalen das von Günter Behnisch und Hubertus Eilers entworfene Tischsystem «Serie 900» aus.

Mit der «Egon Eiermann Collection»bietet VS seit den 2010er-Jahren eine Auswahl der klassisch-modernen Möbel des Designers und Architekten (Café- und Couchtisch SE-330, Vierbeinstühle SE 68, SE 68 SU, Hocker/Barhocker S 38 S/1, SB 38 Drehstuhl/Drehhocker SBG 197 R, SBG 43, Drehstuhl, Hocker SE 40, SE 43, Klappstuhl SE-18, Dreibeinstuhl SE-42). In der «Verner Panton Collection» sind diverse Modelle aus den Serien «PantoSwing»-Freischwinger, «PantoFour»-Vierbeinstühle, «PantoMove»-Drehstühle erhältlich. In Zusammenarbeit mit Dion Neutra, dem Sohn von Richard Neutra, entstand die «Neutra Furniture Collection by VS». Einzelstücke oder Kleinserien, die Richard Neutra für die Kunden seiner Häuser entwickelt hat, werden in dieser Kollektion als Manufaktur-Möbel exklusiv von VS hergestellt und vertrieben, u.a. der «Cantilever Chair» und der «Camel Table». Ursprünglich wurde der «Cantilever Chair» 1929 für das Lovell Health House entworfen. VS bietet den Freischwinger jetzt als «Cantilever Conference Chair» auch mit der für Konferenzstühle üblichen Sitzhöhe. Die Version des «Camel Table» mit Stahlbeinen hat Neutra 1951 für sein Logar House in Granada Hills entworfen, mit Holzbeinen entstand der Entwurf bereits 1940 für das Kahn House in San Francisco. © Königsdorfer Medienhaus, Frechen (René Zey)

 

www.vs.de

GHIJKL
FIRMEN
MNOPQR
FACHBEGRIFFE
STUVWX
VERBÄNDE
YZFirmen
MUSEEN
Mono
LINKS
IMPRESSUM
 
Ritzenhoff
Roethlisberger